Schulfähigkeit

Schulfähigkeit im Bauernhofkindergarten

Ein Kindergarten hat einen Bildungs,- Betreuungs,- und Erziehungsauftrag (§ 22 KJHG). Mit diesem Auftrag verbindet sich selbstverständlich auch die Hinführung zur Schulfähigkeit, verbunden mit der Vorbereitung des Erwerbes der Kulturtechniken (Lesen, Schreiben, Rechnen). Die Anforderungen der heutigen Gesellschaft  im Bildungsbereich steigen enorm. Wir suchen in unserer pädagogischen Zielsetzung die Balance zwischen

  • den An-/Herausforderungen, welche der  hessische Bildungs- und Erziehungsplan an unsere Einrichtungen stellt
  • und dem Wissen, dass jedes Kind ein eigenes Tempo hat um sich zu entwickeln.

In den aktuellen Betrachtungen von „Schulfähigkeit“ werden seit einigen Jahren vier Schulfähigkeitsbereiche klassifiziert. Diese Basisbereiche bilden im Bauernhofkindergarten die Grundlage der Vorschulbereitung.

 

  •  Basisbereich emotionale Schulfähigkeit: (Belastbarkeit, Frustrationstoleranz,  angstfrei,        Optimismus…)
  •  Basisbereich kognitive Schulfähigkeit: (Konzentrationsfähigkeit, auditives Kurzzeitgedächtnis, auditive Merkfähigkeit und ein visuelles Gedächtnis, Lerninteresse…)
  • Basisbereich soziale Schulfähigkeit: (Zuhören, konstruktive Konfliktlöseverhaltensweisen, Regeln einhalten….)
  • Basisbereich motorische Schulfähigkeit: ( Finger- und Handgeschicklichkeit,  gleichgewichtstaktile und kinästhetische Wahrnehmung….)

 

 

Praktische Umsetzung im Alltag

Wir wollen im Folgenden erläutern, wie die Bauernhof- und Naturpädagogik in den vorrangegangenen  Basisbereichen eine wertvolle Arbeit am Kind leistet.

  • Die Kinder machen vielfältige Erfahrungen im Umgang mit Zahlen und Mengen (Größe, Länge, simultanes Erfassen von Zahlenmengen) z.B. beim täglichen Zählen der Kinder im Morgenkreis, Zählen der Eier, bei Würfelspielen oder beim Nachmäßen von wachsendem Gemüse und Pflanzen.

 

  • Die Kinder erwerben sprachliche Kompetenzen und phonologische Bewusstheit (Umgang mit Reimen, Silben, Lauten). Musikalische Elemente mit Liedern und Reimen sind fest in den Tagesablauf integriert. Durch dialogorientierte Bilderbuchbetrachtungen lernen die Kinder zudem sich über einem längeren Zeitraum hinweg auf eine Sache zu konzentrieren.

 

  • Die Kinder erwerben Sicherheit bei der Koordination von grobmotorischen Bewegungsabläufen. Die unterschiedlichen Bodenbeschaffenheiten, wie z. B.  Abhänge und Steigungen trainieren den Gleichgewichtssinn und die Muskulatur der Kinder. Wiederkehrende Bewegungsspiele, Strohhopsen, Heuballenrutsche schaffen zusätzliche Bewegungsreize und stärken das Gruppengefühl.

 

  • Die Kinder erlangen Vertrautheit im Umgang mit ihrem Körper und ihren Sinnen. Die Kinder können auf dem Bauernhof und in der Natur eine Fülle von Geräuschen, Gerüchen, Berührungs- und Bewegungsempfindungen, real und authentisch durch unmittelbare Begegnung erleben.

 

  • Schwungübungen auf unserer großen Tafel im Außengelände, in der Natur (Sand, Erde, Stein) und auf Papier finden wiederkehrend und themenbezogen im Alltag statt.

 

  • Gestaltungsangebote, die die Feinmotorik fördern (Schneiden, Konten, Reißen, Kleben, Fädeln, Stifthaltung, Mandalas legen, Werkeln mit Naturmaterial, Gartenarbeit).

 

  • Erkennen und Ausdrücken von Gefühlen bei sich selbst und anderen. Wir ermutigen die Kinder darin, aufkommende Gefühle wie z.B. Traurigkeit und Wut anzunehmen und nicht zu unterdrücken. Der enge Kontakt mit den Tieren ermöglicht den Abbau von Ängsten.

 

  • Umgang mit Regeln und gegenseitige Rücksichtnahme sind ein wichtiges Thema im Bauernhofkindergarten. Die Kinder lernen mit einem klaren „Nein Stopp“ ihre Grenzen auszudrücken. In Gesprächsrunden achten wir auf einen respektvollen Umgang und vermitteln den Kindern eine wertschätzende Haltung gegenüber jeglichen Lebewesen/Natur (Menschen, Tiere und Pflanzen).

Schulvorbereitung findet im Bauernhofkindergarten in diesem Sinne von Anfang an statt, und nicht erst im letzten Kindergartenjahr.

 

 Studien zum Thema Natur- und Waldkindergarten und Schule:

 Huppertz, Norbert 2002: Bildung im Waldkindergarten – Eine erste Gesamtstudie.

Häfner, Peter 2002: Natur- und Waldkindergärten in Deutschland – eine Alternative zum Regelkindergarten in der vorschulischen Erziehung.

 Miklitz, Ingrid 2007: Forschungsergebnisse – Studien über Waldkindergärten. In: Der Waldkindergarten – Dimensionen eines pädagogischen Ansatzes. S. 260-265.